Wir schweben in etwa drei Meter Tiefe am Rand des kleinen Gewässers entlang. Jetzt, Anfang Dezember, beträgt die Sichtweite vielleicht fünf Meter. Genug, um uns an den Felsformationen, an dem wilden Durcheinander von ins Wasser gestürzten Bäumen oder an den Plötzen und Barschen ringsum zu erfreuen. Dann erreichen wir den Wald 1. Das ist die völlig irreführende Bezeichnung für drei ehemalige Weihnachtsbäume, welche mit ihrem unteren Ende in Töpfe einbetoniert wurden und nun nebeneinander am Grund stehen. Inmitten der Nadelbäume liegt ein großes, graublaues Etwas – ein U-Boot. Quatsch, es ist ein Wels – und was für einer. Der Fisch ist bestimmt zwei Meter lang und liegt dort, als wäre er aus Plaste. Selbst als wir nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt sind, gibt er kein Lebenszeichen von sich. Die Verlockung ist groß, ihn mal anzutatschen, aber sowas machen wir nicht.
Wie dem auch sein, den Wels juckt gar nichts. Des Rätsels Lösung: Er befindet sich in der Winterstarre, im Winterschlaf. Und so fotografieren wir ihn x-mal von allen Seiten, aus der Ferne und aus der Nähe, dank digitaler Fotografie kein Problem.
Leider erlauben die bis auf einen Meter zurückgehenden Sichtweiten im Sommer nicht mehr solche eindrucksvollen Beobachtungen. Natürlich findet vom späten Frühjahr bis zum zeitigen Herbst in dem, grob geschätzt, 60×60 Meter großen See ziemlich intensiv Taucherausbildung statt. Das nach dem Motto: Wer im Giegenstein besteht, der besteht weltweit. Für die Ausbildung stehen drei kleine, durch Leinen miteinander verbunden Plattformen zur Verfügung. Aber auch durch tauchende Besucher wird das Gewässer, insbesondere an den Wochenenden, ganz schön belastet. Was lockt den die Leute noch so unter Wasser? Das dürften vor allem die beiden Bootswracks sein, eins mit einer Schaufensterpuppe als Kapitän. Bei sehr guter Wasserqualität lohnt sich ein Blick aus dem neun Meter tiefen Loch, die tiefste Stelle im See, auf die Silhouette des einen Wracks.
Der Versuch, Pflanzen, mehr Fische und Krebse im See anzusiedeln scheiterte, weil er auch nur halbherzig betrieben wurde. Immerhin, eine Ecke im See wurde mit Bauzäunen für Taucher gesperrt und ist jetzt das „Naturschutzgebiet“.
Wen das alles nicht beeindruckt, der wird es ein, falls er mal zum Weihnachtstauchen, Faschingstauchen oder Ostertauchen kommt. Dafür sorgt schon Mario Süß, der Vizepräsident des TC Flipper Westsachsen E.V., auf dem Vereinsgelände. Er, der Motor des Tauchsports in der Region, sorgt auch unermüdlich für den weiteren Ausbau des Geländes. Genannt seien nur das Hotel, ein Bungalow für Gäste, und die neue Sauna. Nimmt man dann noch den großen Parkplatz, den Campingplatz, den überdachten Innenhof mit Kamin, den Klubraum und Sanitärtrakt sowie die Tauchbasis von der Tauchschule Flipper mit Flaschenfüllmöglichkeit her, muss sich der Verein mit seinem Objekt nicht verstecken. All die Annehmlichkeiten haben in den letzten Jahren auch dazu geführt, dass viele Vereine, von der Wasserwacht bis zu Tauchvereinen, insbesondere auch deren Kindergruppen, am und im Giegenstein ihre „Taucherlager“ durchführen.
Ein spätes noch Lob an den damaligen Vorstand des TC Flipper, welchen viele Vereinsmitglieder für total verrückt hielten, als dieses Dreckloch im Wald gekauft wurde. Vielleicht klappts mal noch mit der dauerhaften Verbesserung der Wasserqualität. Die Pumpe, mit der das Wasser permanent durch einen Filter gedrückt werden soll, wurde schon gekauft.
Text und Bilder von Alena und Dietmar Steinbach | Zwickau, den 12.11.2020