Lunge, Tauchen und ein ganz klein wenig Corona

Wir alle wissen, dass die Lunge uns mit Sauerstoff versorgt und das Abfallprodukt Kohlendioxid aus dem Körper befördert. Bereits im OWD Kurs lernen wir, dass die Lunge als gasgefüllter Raum in besonderem Maße den mit dem Tauchen verbundenen Druckänderungen unterliegt und während eines Aufstiegs ein Barotrauma droht, wenn wir den Atem anhalten.

Solange unsere Lunge gesund ist, denken wir nicht weiter darüber nach wie sie funktioniert, doch im Zuge der SARS-CoV2 Pandemie machen sich besonders Taucher ein wenig mehr Gedanken. Daher hier ein kurzer Überblick darüber wie die Lunge normalerweise funktioniert und was CoViD19 vielleicht daran ändern könnte.

Das Atemgas muss von den oberen Atemwegen über die Luftröhre, die Bronchien und deren immer kleinere Verästelungen bis in die Lungenbläschen, die Alveolen, ein- und wieder ausströmen – die sogenannte Ventilation. In den Alveolen findet dann der eigentliche Gasaustausch statt – die sogenannte Diffusion.

Wenn der Austausch von Gasmolekülen zwischen dem Lungenbläschen und dem Blut gestört ist, spricht man von einer Diffusionsstörung. Dazu kann es kommen, wenn

  1. weniger Austauschfläche zur Verfügung steht, z.B. nach Entfernung eines Lungenanteils oder beim sog. Lungenemphysem, bei dem es zur Bildung größerer Blasen anstelle der vielen kleinen Lungenbläschen kommt.
  2. die Wand der Lungenbläschen oder der kleinen Blutgefäße in der Lunge verdickt ist: Das kann bei der sogenannten Lungenfibrose passieren oder kommt durch die Ansammlung von Flüssigkeit in den Lungenbläschen, einem Lungenödem, vor. Auch bei Entzündungen des Lungengewebes kommt es zur Einlagerung von Flüssigkeit in das entzündete Gewebe und zur Einwanderung von Entzündungszellen, die eigentlich die Ursache der Entzündung (Bakterien oder Viren) bekämpfen sollen. Dennoch ist hierbei auch der Gasaustausch gestört.

Bei chronischen Lungenkrankheiten kann man die Fähigkeit der Lunge zur Aufnahme von Sauerstoff – die „Diffusionskapazität“ – messen, indem man den Patienten Luft mit einer winzigen Menge Kohlenmonoxid (CO) atmen lässt. Die Aufnahme des CO lässt auf die Sauerstoff-Aufnahme schließen.

Kommen wir nun zur Ventilation, über die wir normalerweise nicht weiter nachdenken müssen, aber auch willkürlich verändern können. Die Steuerung erfolgt durch den Hirnstamm und richtet sich nach dem Kohlendioxidspiegel. Wenn wir willkürlich die Luft anhalten, steigt das Kohlendioxid im Blut weiter an bis wir es nicht mehr aushalten können und der Körper mit unwillkürlichen Atembewegungen beginnt. Bei körperlicher Anstrengung steigt die Atmung um ein Vielfaches des Ruhewertes an. Dabei nehmen sowohl die Atemfrequenz als auch die Tiefe der Atemzüge zu.

Bei der Einatmung wird vor allem das Zwerchfell angespannt und nach unten gezogen, so dass ein Unterdruck im Brustkorb entsteht. Dadurch strömt Luft in die Lunge, sofern nicht der Kehlkopf bewusst verschlossen wird. Bei der Ausatmung entspannt das Zwerchfell wieder und elastische Fasern in der Lunge sorgen dafür, das sie und mit ihr der Brustkorb wieder in die Ausgangsposition gelangen. Bei starker Anstrengung und entsprechender Mehratmung helfen noch kleine Zwischenrippenmuskeln und die Bauchpresse bei der Atmung mit.

Diese Funktion kann auf zwei verschiedene Weisen gestört sein:

  1. Bei einer „restriktive Ventilationsstörung“. In dem Fall ist die Dehnbarkeit der Lunge und / oder des Brustkorbs vermindert ist. Das passiert z.B., wenn das Zwerchfell gelähmt ist, sich Flüssigkeit zwischen Lunge und Brustwand ansammelt oder wenn das Gewebe der Lunge narbig umgebaut wird, der „Lungenfibrose“.Dann kann man nicht mehr so tief einatmen, was natürlich besonders bei Anstrengung zu Atemnot führt, weil der Körper mehr arbeiten muss, um die gleiche Menge an Gas zu atmen, d.h. die gleiche Ventilation,
  2. Bei einer „obstruktiven Ventilationsstörung“. Dabei sind insbesondere die kleinen Atemwege verengt, so dass vor allem bei der Ausatmung ein höherer Widerstand entsteht. Die elastischen Rückstellkräfte reichen dann zur Ausatmung nicht mehr aus, so dass bei der Ausatmung mehr Atemarbeit geleistet werden muss, was sich als Luftnot bemerkbar macht. Bei der Ausatmung gegen einen erhöhten Widerstand wird zudem der Druck im Brustkorb höher. Weil aber die kleinen Atemwege, die „Bronchiolen“ keine Knorpelwand haben, werden sie diesen erhöhten Druck auch noch zusammengedrückt, so dass die Ausatmung zusätzlich erschwert wird. Das kann so weit gehen, dass man gar nicht mehr vollständig ausatmen kann und die Lunge quasi überbläht wird. Asthma bronchiale oder die COPD sind obstruktive Ventilationsstörungen.

Mit einer Lungenfunktionsprüfung, Abb. 1, lässt sich feststellen, ob eine solche Ventilationsstörung vorliegt. Sie sollte bei jeder Tauchtauglichkeitsuntersuchung durchgeführt werden.

Es ist unschwer zu verstehen, dass beide Arten der Ventilationsstörung wie auch die Diffusionsstörungen mit dem Tauchen nicht vereinbar sind.

Und nun zu CoViD19, der durch das SARS-Coronavirus2  (SARS-CoV2) ausgelösten Lungenentzündung. In der akuten Phase einer Lungenentzündung ist an Tauchen ohnehin nicht zu denken, das versteht sich von selbst, aber wie geht es nach überstandener Infektion weiter? Leider kann SARS-CoV2 neben der akuten Entzündungsreaktion die verschiedensten Formen der Diffusions- und Ventilationsstörung verursachen, von der Bildung größerer Blasen in der Lunge, über einen narbigen Umbau von Lungengewebe bis hin zu einem hyperreagiblen Bronchialsystem mit asthmaähnlichen Folgen oder einer chronischen COPD. Glücklicherweise verlaufen viele SARS-CoV2 Infektionen sehr mild, aber leider kann niemand vorhersagen, bei wem es zu einem schweren Verlauf oder gar Dauerschäden kommt. Daher ist auf jedem Fall eine erneute Lungenfunktionsprüfung nach der vollständigen Genesung erforderlich, eventuell müssen zusätzliche Untersuchungen wie z.B. ein CT der Lunge, Abb. 2, durchgeführt werden, um zu beurteilen, ob die Tauchtauglichkeit wieder gegeben ist. Bis zur vollständigen Genesung kann es manchmal sehr lange, d.h. mehrere Monate dauern, in denen sich auch geschädigtes Lungengewebe wieder erholen kann. Es ist also auf jeden Fall Geduld gefragt und eine sorgfältige Untersuchung notwendig.