Tauchen ist ein Natursport – darüber sind sich heute wohl die meisten einig. Tatsächlich gibt es wenig Sportarten, die so regelmäßig durch aktiv gelebten Umweltschutz auffallen. Taucher reinigen Hafenbecken und sammeln fleißig Plastikmüll, sie pflanzen Seegraswiesen, kartieren Biotope und retten Tierleben durch die Beseitigung von Geisternetzen. Da erklärt es sich eigentlich von selbst, dass ein besonders wichtiges Meeres-Lebewesen für Taucher strikt tabu ist: Korallen.
Das war nicht immer so. In vielen Regalen findet man noch antiquarische Bücher, die das Abenteuer tauchen ganz anders beschreiben. Der Sport, der sich aus der kommerziellen Schwamm- und Perlenfischerei entwickelt hat, war bis in die 1980er Jahre ein Dorado für exotische Schmuck-Liebhaber, Artefakte-Sammler und Harpunenjäger. In einigen Dingen hat sich die Gesellschaft zum Glück entwickelt. Wir verpesten die Städte nicht mehr mit verbleiten Abgasen, Oma trägt keinen Pelz mehr und Mutti schielt im Urlaub nicht mehr nach Korallen-Ketten. Hoffen wir, dass es so bleibt.
Inzwischen wissen wir, welche wichtige Rolle die Korallenriffe im globalen Kontext spielen. Sie sind Lebensraum für ein Viertel aller Meeresbewohner. Was sich zwischen den filigranen Kalkverästelungen alles tummelt, weiß heute jedes Kind durch den Disney-Film „Findet Nemo“. Und wo kleine Fische leben, sind größere nicht weit. Somit sind die Riffe nicht nur Kinderstube sondern auch eine wichtige Grundlage der biologischen Nahrungskette. Welche Auswirkungen Störungen dieses empfindlichen Systems haben können, hat Frank Schätzing in seinem Öko-Inferno „Der Schwarm“ eindringlich beschrieben. Korallen haben aber noch einen direkteren Einfluss auf das menschliche Leben. Sie haben nämlich eine wichtige Funktion beim Küstenschutz. Untersuchungen haben inzwischen bewiesen, dass die Auswirkungen des großen Tsunamis 2004 in Regionen mit intakten Korallenriff-Gürteln deutlich schwächer ausgefallen sind.
Dennoch sind Korallen massiv gefährdet. Die Erwärmung der Ozeane zerstört eine wichtige Symbiose in ihrem Lebenszyklus. Die Folge: sie bleichen aus und sterben ab. Und die Regeneration eines Korallenriffs dauert mehrere hundert Jahre. Wollen wir da noch das ignorante Verhalten einer skrupellosen Souvenirindustrie unterstützen? Zumindest in aufgeklärten Gesellschaften ist es inzwischen verpönt, sich tote Tiere um den Hals zu hängen. Und das ist richtig so.
Übrigens: Zahlreiche Länder ahnden die Aus- und Einfuhr von Korallen genauso wie von Schneckenhäusern, historischen Scherben und sogar Steinen mittlerweile mit sehr empfindlichen Strafen.