Forschung und Tauchen auf Ko Pha-ngan

Mein Name ist Dr. Fabian Gösser, ich bin Wissenschaftler am Lehrstuhl für Evolutionsökologie und Biodiversität der Tiere, der Ruhr-Universität Bochum. Während meiner Doktorarbeit hatte ich das große Glück und Privileg in Rahmen von zwei Forschungsaufenthalten, das Samui-Archipel im Golf von Thailand über und unter Wasser kennenzulernen. Während vielen Menschen Ko Samui, mit seinem Flughafen als Urlaubsziel bekannt ist und sich grade Ko Tao, wegen seines klaren Wassers und vieler Tauchbasen bei Freunden des Unterwassersports erfreut, läuft Ko Pha-ngan etwas unter dem Radar. Es gilt als Insel für Aussteiger, Backpacker und Anhänger von Yoga- und Meditationskursen. Doch auch hier finden sich Korallenriffe mit einer hohen Anzahl verschiedener Steinkorallen, wie ich während meiner Forschung selber feststellen durfte.

Forschungsprojekte

Korallenriffe und die assoziierte Artenvielfalt faszinieren mich schon seit einer Tauchexkursion nach Dahab während meines Studiums. Vor allem Steinkorallen, die durch das Ausscheiden von Kalziumkarbonat, ihr Kalkskelett ausbilden und somit Architekten und Erbauer ihres eigenen Lebensraums sind, stehen dabei im Fokus meiner bisherigen Forschung. Auf Ko Pha-ngan habe ich dafür mit Studenten und Kollegen vom Lehrstuhl, sowie der COREsea Forschungsstation (coresea.com) in Chaloklum zusammengearbeitet. Dabei standen vor allem zwei Forschungsthemen im Vordergrund: „Polypen bailout“ und Biodiversitätsmonitoring mit Umwelt-DNA.

Polypen bailout

Der Polypen bailout ist eine Reaktion von zumindest einigen Steinkorallenarten auf drastischen Stress (z.B. Hitze, hoher Salzgehalt oder bestimmte Chemikalien). Während des Polypen bailouts löst sich das verbindende Gewebe zwischen den Polypen, die eine Korallenkolonie bilden, auf und die Polypen verlassen einzeln oder in Gruppen ihr Kalkskelett. Sobald sich die Bedingungen aber wieder verbessern, können sich diese „freien“ Polypen wieder neu ansiedeln und zu Korallenkolonien auswachsen. Ob und wie oft dies erfolgreich ist, ist ein Bestandteil des Projekts und macht dieses Forschungsthema so spannend, weil es direkten Einfluss auf das Überleben von Korallen an gestressten Riffen haben kann. Für das Projekt haben wir beim Tauchen Korallenkolonien der „Himbeer-Koralle“, Pocillopora acuta, gesammelt und wiederholt Polypen bailout ausgelöst. Dabei stand z.B. im Vordergrund ob und wie stark diese Stressreaktion in den unterschiedlichen Kolonien ausgelöst wird.

Umwelt DNA

Der andere Schwerpunkt unserer Forschung lag auf einem Biodiversitätsmonitoring, also der Erfassung der Artenvielfalt an einem bestimmten Standort, mit Hilfe von Umwelt DNA. Aber was ist diese Umwelt DNA, die im englischen häufig mit eDNA (environmental DNA) abgekürzt wird. Vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um DNA, die nicht invasiv von einem Organismus gewonnen wird, sondern aus einem Substrat direkt aus der Umwelt, wie z.B. Luft, Erde oder Wasser. DNA kann dabei aus Ausscheidungsprodukten von Tieren stammen oder durch Abgabe von Schuppen/Hautpartikeln ins Wasser gelangen, um einige der möglichen Quellen zu nennen. In unserem Projekt wurden deshalb an verschiedenen Riffen Wasserproben genommen, gefiltert und mit einem DNA Markersystem das spezifisch für Steinkorallen ist, sequenziert. Die Sequenzen entsprechen dann DNA-Abschnitten, die an den Sammelorten von Korallen ins Wasser abgegeben wurden. Da die Sequenzen zwischen verschiedenen Korallenarten verschieden sind, können wir sie durch Abgleich mit Sequenz-Datenbanken den Arten zuordnen und somit feststellen, welche Korallen an den Sammelorten vorkommen.

Durch Abgleich mit traditionellem Beobachtungsmethoden, also der Korallenkartierung am Riff durch entlangtauchen und gucken was vorkommt oder Fotodokumentation, konnten wir feststellen, dass dieser eDNA Ansatz sehr gut funktioniert. Dies könnte in Zukunft die Erfassung von Artenvielfalt revolutionieren, nicht nur für Steinkorallen, sondern auch für andere Organismengruppen. So wurde dieser Ansatz auch schon erfolgreich zur Detektion von Fischen und Haien eingesetzt. Die Vorteile sind, dass auch ungeübte Leute diese Wasserproben nehmen können und die Bestimmung der Arten, die z.B. bei Steinkorallen extrem fordernd ist, über die Datenbank geschieht. Allerdings muss die Sequenzierung noch preiswerter werden, was für die nächsten Jahre erwartet wird und es bedarf noch Entwicklung bei den Datenbanken. Sie müssen möglichst vollständig sein und auch die Markersysteme können noch weiter optimiert werden und auch auf andere Lebewesen ausgeweitet zu werden.

Tauchen auf Ko Pha-ngan

Bei der praktischen Bearbeitung dieser Themen durfte ich viel Zeit im Wasser an den Riffen um die Inseln verbringen. Diese sind entweder direkt von der Küste erreichbar oder nach einer kleinen Spritztour mit einem Longtailboot, dem typischen Fortbewegungsmittel, zwischen den Buchten in Thailand. Die größte Herausforderung beim Tauchen an den Riffen von Ko Pha-ngan kann die Sichtweite sein, da viele Sedimente im Wasser sein können und die richtige Tarierung für das „wissenschaftliche“ Arbeiten unter Wasser. Gute Tage mit Sichtweiten zwischen 15-20 m, wechselten sich mit eher trüben Tagen mit Sichtweiten von 1-2 m ab und wir müssen stets aufpassen mit unserem Equipment nicht die empfindlichen Korallen zu beschädigen. Auf jeden Fall sind die Tauchgänge sehr spannend und lehrreich gewesen. Die Riffe bleiben eher flach (nur an einigen Stellen geht es tiefer als 15 m) und das Wasser ist warm (27°-31°C), was uns ermöglicht hat so lange Unterwasser zu bleiben bis alle nötigen Daten und Proben erhoben waren ohne das uns die Luft ausging. Die Korallen an den Riffen sind in gutem Zustand und hoher Vielfalt vorhanden und meistens ist man so in seine Arbeit beim kartieren vertieft, dass man gar nicht bemerkt wie Schildkröten oder Rochen an einem vorbeischwimmen.

Der Sail Rock

Wer auf Ko Pha-ngan gerne tauchen will, wird aber definitiv schnell merken, dass ein Tauchspot das Angebot auf der Insel dominiert und mit als bester Tauchspot im Golf von Thailand gilt – der Sail Rock. Täglich fahren die Tauchboote verschiedenster Tauchschulen, Richtung Sail Rock und auch wir haben an freien Tagen dieses Angebot gerne wahrgenommen. Dies kann gerade kurz vor und nach der „Full-Moon-Party“ (einer Strandparty mit bis zu 10.000 Feiernden) dazu führen, dass sehr viel Verkehr über und unter Wasser herrscht. Am besten meidet man diese Tage, wenn man am Sail Rock tauchen möchte. Dann wird man belohnt mit einer Felsspitze, die sich circa 40 m vom Meeresgrund, bis über die Wasseroberfläche erstreckt und riesigen Fischschwärmen ein zu Hause bietet. Neben riesigen Zackenbarschen und Anemonengärten sind Begegnungen mit Walhaien, das absolute Highlight dieses Tauchspots.

Und sonst so

Neben dem Sail Rock kann man mit der Fähre Richtung Ko Tao fahren um dort schöne Tauchspots zu finden oder man bucht einen Tagestrip in den Mu Ang Thong Nationalpark. Täglich fahren Ausflugsboote dort hin und laden zum Schnorcheln und Entdecken der Inselwelt ein. Ab und zu findet man auch Tauchboote, die den Nationalpark anfahren. Dieser punktet definitiv mit der Schönheit der Inseln über Wasser und der Vielfalt an Weichkorallen Unterwasser.

Ich habe auf jeden Fall gute Daten für meine Forschungsarbeiten gewinnen können und habe unvergessliche Eindrücke sammeln dürfen. Mein zweiter Forschungsaufenthalt wurde leider durch Corona stark verkürzt, deshalb hoffe ich die Insel bald wieder besuchen zu können, sei es als Forscher oder Tauchtourist.