Die Zeit drängt – Tauchdestination in Gefahr

Eigentlich soll an dieser Stelle ein Reisebericht über Südafrika stehen. Aber an einem der beliebtesten Tauchgewässer in Mitteldeutschland steht sprichwörtlich der Bagger vor der Haustür. Ca. 15km nördlich von Halle (Saale) befinden sich die Steinbrüche von Löbejün. Die Taucherkessel von Löbejün sind eine Legende und ohne Zweifel eines der schönsten Klarwasser-Tauchziele MITTELDEUTSCHLANDs.
Die seit 2007 ansässige Tauchbasis bietet 3 Steinbruchseen; genannt Taucherkessel 1, 2 und 3.

Der Taucherkessel 1 beeindruckt bei guter Sicht durch grandiose, abgestufte Felswände.
Alle Jahre wieder im Spätsommer und Frühherbst, wenn das Wasser am wärmsten ist, treten in diesem See Süßwassermedusen auf. Diese fast farblosen Medusen sehen etwa wie die bekannten Ohrenquallen der Ostsee aus. Dennoch ist die Ähnlichkeit nur entfernt. Süßwassermedusen erreichen maximal nur 22 Millimeter Durchmesser. Sie sind dann etwa so groß wie eine Euromünze und schweben mit 614 flimmernden Tentakeln durch den See.
Mehrere große Störe sind die Stars des Gewässers, die sich auch ausgiebig betrachten und fotografieren lassen.

Der Taucherkessel 2 ist von der (befahrbaren) Trennwand zum Taucherkessel 3 her zugänglich. Die Silhouette dieses Sees wird von den Bauten der Bergbau – Ära dominiert. Direkt am See stehen der alte Steinbrecher und gleich daneben der ehemalige Trafoturm der Anlage.
Dieser mittlere Steinbruchsee glänzt insbesondere im Hochsommer durch gigantische Sichtweiten. Zwanzig Meter und mehr können vorkommen, dann wirken die unterseeischen Felswände besonders erhaben. Die Naturausstattung dieses Sees ist etwas mager, überwiegend muss man sich mit Stillleben aus versunkenen Althölzern und den grandiosen Felsen zufrieden geben. Vor allem die Hölzer sind im Frühling das Laichgebiet der Barsche.
Im Flachwasser vor den Steilwänden ziehen Jungfisch-Schwärme dahin, wahrscheinlich alles Barsch-Nachwuchs. Auch einzelne Barsche, besonders große Einzelgänger, haben hier ihr zu Hause. Majestätisch stellen sie ihre zwei Rückenflossen auf und entfernen sich langsam, wenn man in ihrer Nähe zu sehr umherblubbert. Die Maximaltiefe beträgt 15 Meter.

Taucherkessel 3 – Der Friedhof der Kipploren liegt tief unter uns. Es ist der letzte, von der Basis am weitesten abgelegene See. Über eine angelegte Natursteintreppe erreicht man den Einstieg ins Gewässer, dann sieht man eine Wunderwelt, die irgendwo zwischen Bergbaumuseum und Süßwassersee angesiedelt scheint.
Schienen: Schmalspurbahn, Feldbahn, die Gleise führen in die Tiefe. Zu einer Drehscheibe, von der nach vier Seiten weitere Gleise abgehen. Ganz offenbar das buchstäbliche Drehkreuz des Löbejüner Steinbergbaus. Von hier führen die Gleise zu den verschiedenen Abbaurevieren.
Unglaublich: auf den Schienen stehen auch noch Loren, in Bergbaukreisen auch als Hunte bezeichnet. Die uralten Kipploren lassen sich sogar noch bewegen, sozusagen „unkaputtbare“ Bergbauausrüstungen. Ein paar Jahrzehnte unter Wasser, was macht das schon. Mehr Hunte, Fahrgestelle von Loren, steingefüllte Lademulden ohne Fahrgestelle, Pressluftleitungen und alte Kessel. Zuweilen scheint es, als sei das Wasser überraschend gekommen.

Erhaltet den Tauchbetrieb im Kessel 1 und Kessel 2!

https://www.openpetition.de/petition/online/erhalt-tauchbetrieb-kessel-1-2-taucherkessel-loebejuen