Das Wrack der Umbria im Sudan – betaucht von Michael Finn und Antje Beigang

Auf unserer Tauchsafari im April dieses Jahr haben wir im sudanesischen Teil des Roten Meeres viele wunderschöne, scheinbar unberührte Tauchspots kennengelernt. Liegen hier mal 3-4 Tauchboote am Spot, so kann man schon von Überfüllung sprechen. Neben Jaques-Yves Cousteau‘s Précontinent 2 war die Umbria eines der Highlights auf unserer Tour.

Das Schiff hatte mit seinen 155m Länge und 18m Breite am 30.12.1911 in Hamburg seinen Stapellauf und wurde “Bahia Blanca“ getauft. Am 14.03.1912 trat es unter der Flagge des Deutschen Reichs für die Reederei Hamburg-Süd seine Jungfernfahrt nach Südamerika an. Im April 1918 wurde das Schiff an die argentinische Regierung verkauft, im November 1934 außer Dienst gestellt und öffentlich versteigert. Erwerber war die italienische Firma “Enrico Haupt“. In Italien wurde das Schiff zum Truppentransporter und zur Versorgung der Truppen umgebaut und in “Umbria“ umgetauft. Im Juni 1940 war sie mit 6000 Tonnen Bomben, 60 Kisten Detonatoren, Sprengstoff, Waffen, drei Fiat 1100 Lunga sowie Lebensmitel und sehr vielen Weinflaschen auf dem Weg von Genua nach Kalkutta. Vor “Port Sudan“ wurde die “Umbria“ von zwei englischen Kriegsschiffen am “Wingate-Riff“ gestoppt. Um die Fracht nicht an die Engländer übergeben zu müssen, hat der Kapitän Lorenzo Muiesan seine Mannschaft evakuiert und das Schiff selber versenkt.

So liegt sie heute in gemäßigten Tiefen knapp unter der Wasseroberfläche bis maximal 36m auf ihrer Backbordseite und wird vom Riff vor Strömung und Tiedenhub geschützt. Trotz der geringen Tiefe und der dadurch komfortablen Grundzeit ist dieses durch Hart- und Weichkorallen wunderschön bewachsene Wrack nicht mit einem Tauchgang zu erkunden. Trotz seiner fast 80 Jahre unter Wasser ist das Schiff gut erhalten. Wer am Wrack taucht, der muss es sich hauptsächlich mit Meeresbewohnern teilen. Die gibt es hier im Gegensatz zu Tauchern reichlich.

Auf dem Vorschiff sind die großen Ankerwinden noch gut erkennbar. Es folgen drei Laderäume. Da die Abdeckungen der Laderäume mittlerweile verrottet sind, kann man bedenkenlos einen Blick auf die Fracht werfen. Und die hat es in sich. Geschosse und Granaten größeren Kalibers, Gewehrmunition, Kisten mit Zündern, Leitwerke für Bomben und Stielhandgranaten liegen hier mal gestapelt, mal kreuz und quer durcheinander. Aber auch viele Weinflaschen, Kabeltrommeln, verrutschte Zementsäcke und die drei Fiat 1100 Lunga kann man bestaunen.

Direkte Gefahr geht von den Granaten und Bomben nicht aus. Sie wurden von ihren Zündern getrennt transportiert. Dennoch sollte auch hier nur mit den Augen und nicht mit den Händen geschaut werden.

Mittschiffs sind die Aufbauten der Brücke, der Kombüse, des Restaurants und der Unterkünfte. Wer sich durch den Maschinenraum in das Restaurant traut, erlebt durch das über die Bullaugen einfallende Sonnenlicht eine fantastische Lichtstimmung. Auf dem Weg zu dem riesigen Propeller am Heck gibt es noch zwei weitere Laderäume mit ähnlicher Fracht wie im Vorschiff zu entdecken. Wer sich das Wrack lieber von außen ansehen möchte, der wird in den Wirren der Aufbauten sehr viele Details entdecken können. Der Sudan ist derzeit noch ein richtiger Geheimtipp mit vielen Facetten.